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Medizinernachwuchs im Heidekreis: Franziska Bartel absolvierte ihr praktisches Jahr in einer Landarztpraxis in Rethem

Auf dem Lande fehlen junge Ärztinnen und Ärzte, aber wie kann man jungen Menschen das Arbeiten und Leben im Heidekreis schmackhaft machen? Die Wirtschaftsförderung des Heidekreises versucht mit verschiedenen Projekten junge Medizinerinnen und Medizinern die Arbeit in einer Landarztpraxis näher zu bringen. Durch die „Landpartie Heidekreis“ erfahren Studentinnen und Studenten im Rahmen eines Praktikums, dass sich das Landarztleben durchaus auch im positiven Sinne von urbanen Karrieren unterscheiden kann. Idealerweise setzten sie ihre Ausbildung im Heidekreis fort und können dann von den Förderprogrammen profitieren.

 

Franziska Bartel hat an der „Landpartie Heidekreis“ teilgenommen und nun einen weiteren Teil ihrer Ausbildung in der Landarztpraxis von Andrea Stendel und Dr. Helmut Müller in Rethem absolviert. Sie hat sich folgenden Fragen gestellt:

 

Sie haben bereits im Rahmen der "Landpartie Heidekreis" die Landarztpraxis von Dr. Helmut Müller und Andrea Stendel in Rethem kennengelernt. Warum haben Sie auch Ihr praktisches Jahr dort absolviert?

 

Schon im Rahmen des zweiwöchigen Praktikums zu Beginn des fünften Studienjahres durfte ich die Arbeitsabläufe in der Praxis kennenlernen. In der Praxis arbeiten mehrere Ärztinnen und Ärzte, die unterschiedliche Schwerpunktbereiche bedienen. Für eine Studentin/einen Studenten ist dieser Umstand geradezu perfekt, da so von vielen Ärztinnen und Ärzten gelernt werden kann. Alle waren sehr daran interessiert, mir Dinge zu vermitteln, ohne dass sie mir ihre Arbeitsweise aufzwingen wollten. Des Weiteren gab man mir die Möglichkeit, dass ich selbstständig arbeiten konnte (natürlich wurden die Patientinnen und Patienten hinterher noch mal von einem Arzt untersucht). Ein weiterer wichtiger Aspekt war für mich die harmonische Atmosphäre innerhalb des Praxis-Teams. Man wird dort als Studentin oder Student sehr herzlich aufgenommen und eingebunden. Am Ende dieses Praktikums bot mir Frau Stendel an, dass ich die Praxis gerne für ein mögliches PJ-Tertial (Praktisches Jahr) im Hinterkopf behalten dürfe.

 Als ich schließlich mehrere Monate später die Auswahl für meine PJ-Tertiale treffen musste, erinnerte ich mich an Frau Stendels Angebot und rief sie sofort an. Ich war sehr glücklich, als sie mir sagte, dass ich trotz dieser außergewöhnlichen Zeit mein PJ-Tertial in der Praxis absolvieren darf.

 

Haben die Patientinnen und Patienten Sie möglicherweise wiedererkannt?

 

Bewusst darauf angesprochen hat mich keine Patientin bzw. kein Patient. Da in der Praxis, die auch Lehrarztpraxis der Medizinischen Hochschule Hannover ist, mehrere Studentinnen und Studenten im Jahr hospitieren, gehe ich davon aus, dass sie mich nicht erkannt haben.

 Ich finde es dennoch immer wieder sehr beeindruckend, welchen Vertrauensvorschuss die Patientinnen und Patienten in der Hausarztpraxis einer Studentin oder einem Studenten gewähren. Es ist natürlich ihr gutes Recht den Wunsch zu äußern, dass direkt „ihr Hausarzt“ das Gespräch führen soll, aber diesen Wunsch hat mir gegenüber niemand geäußert. Im Gegenteil - sie waren sehr aufgeschlossen und geduldig.

 

Gab es besondere Momente in Ihrer Ausbildung, die Sie mit uns teilen möchten?

 

Diesen einen Moment gab es für mich nicht. Es ist eher eine Aneinanderreihung vieler Momente und Patientengeschichten, die mir weiterhin in Erinnerung bleiben werden. In einer Hausarztpraxis begegnet man täglich Menschen aus unterschiedlichen Generationen mit unterschiedlichen Problemen und Sorgen. Es ist immer wieder schön zu erfahren, dass sie einem großes Vertrauen entgegenbringen und ihre Geschichten mit uns „Ärzten“ teilen.

 

Sie wurden während Ihrer Ausbildung durch den Heidekreis unterstützt. Wie wichtig war das für Sie?

 

Das Medizinstudium dauert im Regelfall sechs Jahre. Es besteht, insbesondere zu Beginn, aus sehr vielen Lehrveranstaltungen. Das sind lange Uni-Tage, an die sich lange Lernabende und -wochenenden anschließen. In den Semesterferien stehen dann Pflichtpraktika auf dem Programm - vor dem Physikum ein dreimonatiges Pflegepraktikum und danach vier Monate Praktika in verschiedenen ärztlichen Bereichen. Natürlich ist es nicht unmöglich, in dieser Zeit einen studentischen Nebenjob auszuüben, aber es erschwert das Studium schon sehr. Mit Beginn des praktischen Jahrs wird die Ausübung eines solchen Nebenjobs aber meist unmöglich, da man in der Woche einer normalen Arzt-Arbeitswoche nachkommt und am Ende des Jahres eine mündliche Abschlussprüfung zu absolvieren ist, die man nicht vernachlässigen darf. Die Unterstützung durch den Heidekreis hat mir eine sehr große Erleichterung gebracht.

 

Wie sieht Ihre weitere Ausbildung aus? Können Sie sich vorstellen, in den Heidekreis zurückzukehren?

 

Nach der Allgemeinmedizin als mein erstes Tertial- und Wahlfach folgen nun die Pflichttertiale in der Inneren Medizin und der Chirurgie. Im Anschluss folgt im November/Dezember die letzte Prüfung im Medizinstudium. Dabei handelt es sich um eine mündliche-praktische Prüfung, in der das Wissen aus dem PJ abgeprüft wird. Im Anschluss werde ich eine Facharztausbildung zur Internistin beginnen. Ich kann mir sehr gut vorstellen in den Heidekreis zurückzukehren, da ich hier seit meinem 10. Lebensjahr verwurzelt bin. Und ja, ich hätte es zu Beginn meiner Ausbildung nie gedacht, aber ich kann mir sogar sehr gut vorstellen, als Hausärztin tätig zu sein.

 

Wovon träumen Sie in der Zukunft?

 

Wie wahrscheinlich alle Menschen auf dieser Welt träume ich von einer Zeit NACH Corona, in der wir alle wieder zur Normalität zurückkehren.

Des Weiteren wünsche ich mir sehr, dass ich einen Arbeitsplatz finde, der mich erfüllt und woran ich Freude habe. Und dass mir dort auch so aufgeschlossene Patientinnen und Patienten begegnen, wie ich sie im Heidekreis kennenlernen durfte.